Wenn du dir ein großes Ziel setzt oder ein Projekt startest, ist es natürlich gut, dein „Warum“ zu kennen.
So habe ich 2014 zum Start dieses Blogs mein ganz persönliches Warum für Stille Stärken aufgeschrieben.
Das war mir damals wichtig. Und es daran hat sich bis heute nichts geändert. Wenn ich nicht genau wüsste, warum ich das tue, würde ich längst nicht mehr jede Woche schreiben…
Wenn du wissen willst, warum etwas so ist, wie es ist, dann fragst du selbstverständlich auch: „Warum?“
Du stellst (dir) eine Frage wie „Warum sind manche Kinder mit Selektivem Mutismus so aggressiv?“ und hoffst, dass du eine Antwort findest, die dich weiterbringt.
Wenn du dich allerdings mit jemandem entspannt unterhalten möchtest, ist „Warum?“ mit Vorsicht zu verwenden.
Warum?
Jede Frage betrifft immer zwei Leute: Den, der fragt, und den, der gefragt ist.
Der Fragende stellt die Warum-Frage, weil er Gründe und Hinter-Gründe wissen möchte.
(Manchmal auch aus purer Verlegenheit, weil ihm keine andere Frage eingefallen ist und er mit „Warum?“ nur ein einziges Wort zu sagen braucht, um sein Gegenüber zu einer Antwort zu bewegen.)
Wenn du mit wirklichem Interesse fragst, wird der Gefragte sicher gerne etwas über seine Gründe sagen – vor allem, wenn es ein Thema ist, über das er gerne spricht. „Warum fährst du so gerne im Urlaub nach Norden?“ ist sicherlich eine Frage, die ein Gespräch in Schwung bringen kann.
„Warum hast du schon wieder dein Zimmer nicht aufgeräumt?“ ist dagegen eine Frage, die den Gefragten zwar auch zu einer Reaktion bewegt, aber eher für ein baldiges Ende des Gesprächs sorgen wird.
Weil eine Warum-Frage eben immer ein „Weil …“ als Antwort verlangt. Und so ein „Weil …“ beinhaltet immer eine nachträgliche Begründung für etwas, was bereits geschehen und nicht mehr zu ändern ist.
Das stört niemanden, wenn das Thema für beide Gesprächspartner angenehm ist und man locker miteinander plaudert.
Es wirkt aber neugierig bis belästigend, wenn dem Befragten der Punkt eh schon unangenehm ist.
„Warum kommst du immer zu spät?“ löst höchstwahrscheinlich eine Flut von gequälten „Weil“-Antworten über Gott und die Welt und die Unwägbarkeiten des Schicksals aus. Daraus ergibt sich keine entspannte Unterhaltung, sondern eine lange, ziemlich unangenehme Rechtfertigungs-Orgie (die man noch verschlimmern kann, indem man weitere „Warums“ hinterherschiebt).
„Was war denn heute los? Du hast so gehetzt gewirkt, als du angekommen bist…“ klingt da schon etwas netter.
Wenn der Gefragte bereit ist, davon zu erzählen, wird er eine ehrliche Antwort geben, was gerade heute zur Verspätung geführt hat. Und diese Schilderung wird wahrscheinlich wesentlich kürzer und vor allem wesentlich angenehmer für beide Gesprächspartner ausfallen, als die „Weil …, weil … und weil …“-Begründungen.
Und – Schwupps – seid ihr durch eine gute „Warum“-freie Fragestellung in einem konstruktiven Gespräch.
Gute Fragen brauchen Mut!
Es braucht ein bisschen Überwindung, gute Fragen zu stellen.
Denn gute Fragen zeigen nicht nur Interesse (oder Neugier), sondern als Fragender drückst du auch etwas über dich selbst aus. Und zwar über das, was dich im Inneren bewegt, die Frage zu stellen.
Eine gute Frage ist immer dann einfach, wenn sie aus echtem Interesse gestellt wird.
Ich könnte dich jetzt zum Beispiel fragen: „Wie hat dir dieser Artikel bis hierher gefallen? Was würdest du noch gerne lesen? Was denkst du – kannst du irgendeine von den Ideen für dich nützen?“
Das sind Fragen, die mir am Herzen liegen. Ich freue mich, wenn ich deine Antworten lese und mit dir ins Gespräch komme. Denn ich bin ein kleines bisschen unsicher, ob das, was ich bis hierher geschrieben habe, für dich nützliche Aspekte enthält. Und indem ich meine Unsicherheit in der Frage mitschwingen lasse, gebe ich dir die Möglichkeit, meine Gedanken zu bestätigen – oder meine Zweifel mit einer Rückmeldung darüber, was du nützlich findest, zu relativieren.
Nur mal angenommen, ich würde dich fragen: „Warum hast du diesen Artikel gelesen? Warum genau??? Warum bis hierher?“
Warum *grins* stelle ich mir gerade vor, dass du dann eher vor deinem PC die Schultern zucken und mich fortan ignorieren würdest? Und womöglich zu deinem Monitor sagen würdest: „Weil dich das überhaupt gar nichts angeht. Warum sollte ich sowas beantworten?“
Gute Fragen sind
PASSEND
Damit meine ich, dass sie zu dir passen und zu deinem Gesprächspartner. Und sie passen zu eurem Thema, eurer Gesprächssituation. Und im Idealfall passen sie auch noch zu dem, was du mit deiner Frage erfahren willst.
Ganz schön viel zu beachten? – Stimmt.
Aber mit einiger Übung brauchst du nicht mehr viel darüber nachzudenken, sondern nur in dich hineinzuspüren, um zu merken, wenn eine Frage nicht passend wäre.Falls du bisher noch wenig Übung damit hast, ist es nicht schlecht, ab und zu nachzudenken, ob alles passt. Entweder direkt im Gespräch – oder spätestens hinterher, falls es nicht ganz so verlaufen ist, wie du dir das gewünscht hättest.
Jede Erfahrung, die du beim Ausprobieren machst, wird dein Gespür für passende Fragen feiner machen.
ECHT
Eine Frage ist dann echt, wenn du die Antwort wirklich hören willst. Wenn dich wirklich interessiert, was dein Gesprächspartner zu deiner Frage sagen will.
Nicht echt sind die sogenannten “rhetorischen Fragen”, die gar keine Antwort brauchen und eigentlich ein Aussagesatz mit Fragezeichen am Ende sind. Da sind wir uns doch sicher einig?
Nicht echt sind auch oft Fragen wie: “Wie geht’s denn so?” oder “Na, alles klar bei dir?”
Wobei das davon abhängt, ob der Frager echtes Interesse hat oder einfach eine Floskel in den Raum stellt. Ein “Wie geht’s dir?” kann durchaus auch aus tiefem ehrlichen Interesse heraus gefragt werden.
BEWEGEND
Eine gute Frage bewegt dich. Ich möchte fast sagen, sie treibt dich um.
Und sie bewegt dann auch den Gefragten, nämlich zu einer Antwort.Mit einer solchen Frage kommt das Gespräch voran, und du erfährst etwas.
Auf den Punkt gebracht: Wenn dir die Frage nicht egal ist und wenn deinem Gegenüber die Antwort auch nicht egal ist, dann ist die Frage sicherlich bewegend.
EINFACH
Mit “einfach” meine ich, dass eine gute Frage nicht kompliziert ist. Du drückst mit deinen eigenen Worten einfach aus, was du wissen möchtest.
Mit ein wenig Übung wird das Fragen dann nicht nur unkompliziert, sondern es fällt dir auch leicht.
Und wenn du keine Frage hast…
Dann musst du auch keine stellen.
Du kannst auch durch aktives Hinhören, durch Zustimmung, durch nonverbale Signale und kleine Bemerkungen ein Gespräch “führen”. Und wenn du dann etwas wirklich wissen willst, dann wird dir die richtige Frage einfallen.
Wenn du bis hierher gelesen hast und dir jetzt gute Fragen unter den Nägeln brennen, dann schreib mir einen Kommentar, weil ich sehr gerne mit dir ins Gespräch kommen möchte.
Sei du selbst, lass die anderen anders sein.
Deine