Small Talk? Eine gute Frage…

Christine Winter // Zu still, zu zurückhaltend

17. August 2015  

Angenommen wir zwei begegnen uns irgendwo.
Ich sage: „Hallo, ich bin Christine Winter.“
Du sagst: „Hallo, ich heiße …“

Und jetzt???
Jetzt wäre es sehr gut, wenn ich (mindestens) eine gute Frage parat hätte. Eine Frage, die dir die Möglichkeit gibt, etwas über dich zu sagen, ohne dass du dabei über etwas sprechen musst, was du jemand Fremdem wie mir ungern sagen würdest.

Und, was machst du so?

Ich glaube, dass das eine sehr gängige Frage im deutschen Sprachraum für den Einstieg in einen Smalltalk ist.
Ich jedenfalls höre diese Frage sehr häufig. Oft auch in der Sie-Form: „Was machen Sie denn so?“

Die Frage ist auch ziemlich gut, denn sie ist so unspezifisch, dass jeder selbst entscheiden kann, wie tief er in seiner Antwort „einsteigen“ möchte.

Üblicherweise wird die Frage in der Absicht formuliert (jedenfalls unterstelle ich das, ohne es jemals genauer überprüft zu haben), etwas über den Beruf des anderen zu erfahren.
Es hat den Anschein, dass der Mensch ist, was er tut. Ein Beruf und die Art, wie jemand darüber erzählt, lässt eine ganze Menge über die Person erkennen. Und darum geht es ja im Small Talk.

Ãœblicherweise wird die Frage auch mit einer Berufsbezeichnung beantwortet. Manchmal kommt auch gleich noch die Stellenbeschreibung hinterher.

Wenn nicht: Nachfragen. Die meisten Leute erzählen gerne über ihren Job. Das ist ein Thema, über das es sich leicht plaudern lässt, weil es zur „öffentlichen Person“ gehört.

(Na ja, nicht für jeden. Ich bin mal einem Herrn aus Pullach begegnet, der war bei dem Thema unglaublich einsilbig. Also, genau genommen hat er alle Fragen in die Richtung schlicht ignoriert. Und ich habe echt lang gebraucht, bis mir schließlich einfiel, dass in Pullach der Bundesnachrichtendienst seine Zentrale hat…
Merke: Bei Geheimdienstlern fällt entspanntes Plaudern über den Job als Small-Talk-Thema aus.)

Das schöne an der Frage „Was machst du so?“ ist aber: Du kannst sie verstehen, wie du willst.

Du möchtest nichts über deinen Job sagen? Dann sprich über deine Hobbies.
„Ich komme gerade von einer Bergwanderung auf’s Matterhorn zurück. Boah, hab ich einen Muskelkater! Aber schön war’s.“

Du sprichst lieber über das, was du jetzt gerade machst? Passt auch:
„Ich stehe hier mit einem Glas Wein rum und fühle mich unwohl. Eigentlich mag ich solche Veranstaltungen gar nicht, aber ich habe der Gastgeberin versprochen, mich wenigstens kurz blicken zu lassen. Gut, dass du mich angesprochen hast. Und was machst du so…?“

Du kannst auch etwas völlig anderes antworten, was überhaupt nicht zur Frage passt.

Denn die Frage ist nicht wörtlich gemeint, sondern sie heißt übersetzt:

Hey, erzähl mir was über dich, damit ich dich besser einschätzen kann und etwas finde, was ich anschließend erwidern kann, so dass wir gemeinsam einen kleinen Small Talk zustande kriegen.

„Ich mag es total gerne, wenn ich am Meer sitze und Sonnenuntergänge beobachten kann. Deswegen fahre ich jedes Jahr für zwei Wochen nach Lipari und miete mir ein Ferienhaus mit Blick nach Westen.“

Das bietet dem anderen einen Haufen Möglichkeiten, das Gespräch weiterzuführen:

  • „Sonnenuntergänge liebe ich auch. Wenn ich in den Bergen auf einer Hütte… undsoweiter.“
  • „Lipari? Klingt mediterran. Wo ist denn das?“
  • „Fährst du da immer zum gleichen Ferienhaus?“
  • „Boah, ans Meer würde ich auch gerne mal wieder. Ich mag’s ja lieber etwas nördlicher, aber das Meer ist immer schön.“
  • „Also nee, Sonnenuntergänge sind mir zu langweilig. Da bräuchte ich schon mindestens eine Stranddisko dazu. Also in Mallorca fahre ich immer nach… undsoweiter.“

Merkst du was? Du kriegst den Ball zurückgespielt. Und da es dein Thema ist, findest du auf jeden Fall eine Möglichkeit für eine Antwort, mit der du dich wohlfühlst. Die kann ausführlich sein, muss es aber nicht. Denn wichtig ist, dass der Ball im Spiel bleibt.

Wo kommst du her?

Eine auch sehr gute Frage – denn auch die kann man verstehen, wie man will. Und so sollte jedem eine Antwort leicht fallen, die das Gespräch in Gang hält.

„Ich komme aus der Nähe von München. Und du?“
„Ich komme gerade vom Schwimmen. Es war heute auch wieder mächtig warm, findest du nicht?“
„Ich komme ursprünglich aus Schwaben und bin aber nun schon seit vielen Jahren in Oberbayern.“
„Ich wohne bei Pfaffenhofen. Aber eigentlich würde ich noch viel lieber irgendwo am Mittelmeer wohnen.“
…

Ich glaube, dass diese Frage im englischen Sprachraum viel verbreiteter ist als bei uns. Vielleicht kommt mir das aber auch nur so vor, weil ich in diesen Ländern immer als Touristin unterwegs bin und dann die Frage natürlich sehr naheliegend ist.

Jedenfalls funktioniert sie prima – auch auf Deutsch.

How do you like Iceland?

Das ist eine meiner Lieblingsfragen – denn wenn ich sie höre, befinde ich mich gerade in Island. Und das ist eine meiner Lieblingsinseln.

Die Frage ist DIE Standardfrage eines Isländers an einen Ausländer. Sie folgt unabänderlich IMMER auf die Frage: „Where are you from?“ Und sie wird immer mit einem Grinsen gestellt – denn der Isländer weiß, dass sie allen Ausländern stereotyp von annähernd jedem seiner knapp 350.000 Landsleute gestellt wird.

Es kommt gut an, wenn man darauf eine witzige, kurze Antwort parat hat, die ins Gespräch hinein führt. Denn der Isländer ist tendenziell ziemlich introvertiert und deswegen sehr froh darüber, wenn man ihm einen Anknüpfungspunkt liefert. Wenn er keinen findet, kann es auch schon mal sein, dass er einen einfach stehen lässt und sich einen anderen Ausländer für seine Frage sucht – gibt ja mittlerweile genügend Touristen in Island…

Wenn’s nicht klappt: Ist nicht schlimm

Manchmal findet man eben keinen Draht zu einander. Small Talk ist auch dazu da, das herauszufinden. Wenn’s nicht „funkt“, dann tauscht man halt nur ein paar sachliche Fakten aus und das war’s.

Für Fortgeschrittene erhöht es natürlich den Reiz des Small Talks, bei JEDEM Gesprächspartner etwas Interessantes zu entdecken. Da fängt das Spiel dann an, richtig Spaß zu machen…

EINE gute Frage für alle möglichen Fälle solltest du auf jeden Fall parat haben. Sei ruhig kreativ dabei – und nicht zu spezifisch.
Lass uns eine kleine Sammlung in den Kommentaren anlegen: Welche Frage hat das Zeug zu deiner liebsten Standard-Small-Talk-Einstiegsfrage?

Sei du selbst, lass die anderen anders sein.
Deine

Christine

PS: Die kleine Small-Talk-Reihe geht nächste Woche in die nächste Runde.