Vorsätze…? Ziele…? Oder einfach abwarten, was kommt?

Christine Winter // Persönliche Entwicklung

1. Januar 2015  

Wenn ein neues Jahr beginnt, habe ich unweigerlich das Gefühl, ich müsste mein Leben neu gestalten.

Jetzt liegt also wieder so ein nagelneues Jahr vor mir. Und das möchte ich sinnvoll füllen.

Vorsätzlich scheitern

Es ist eine beliebte Tradition, zum Jahreswechsel gute Vorsätze zu fassen.

Meine Neujahrs-Absichtserklärungen lauteten früher immer in etwa so:
“Ab dem 1. Januar sitze ich weniger rum und mache endlich mal Sport.”
“Im nächsten Jahr gibt es in meinem Haushalt keine Unordnung mehr.”
“Und ab dem Neujahrstag esse ich nur noch gesund und nie wieder Süßigkeiten.”

Das hat nie längere Zeit geklappt, und ich hielt mich deswegen immer für furchtbar undiszipliniert und willensschwach.

Dabei liegt es gar nicht an mir – es liegt an den Vorsätzen!
Denn die sind nun mal nichts weiter als Absichtserklärungen und motivieren mich nicht im Geringsten, wirklich etwas zu unternehmen oder meine Gewohnheiten zu verändern.

Mein Unbewusstes (du kannst auch „Innerer Schweinehund“ dazu sagen) weiß genau, dass da nichts dahinter ist.

Die vielen guten Gründe, nichts zu ändern, machen mir ein wesentlich besseres „Gefühl im Bauch“, als es Disziplin und Willenskraft je könnten.

Und so drängt sich schnell eine vollkommen logische Begründung auf, warum der Vorsatz jetzt gerade nicht sinnvoll ist:
“Sport machen? Bei diesem Wetter? Im Schnee könnte ich ausrutschen und mir alle Knochen brechen. Und außerdem hole ich mir garantiert eine Erkältung!”
“Heute habe ich echt keine Zeit für den Haushalt. Dafür mache ich halt dann morgen doppelt so viel…”
“Es sind noch so viele Süßigkeiten von Weihnachten da – und ich schmeiße doch keine Lebensmittel weg! Die esse ich in den nächsten Tagen noch auf, und danach sehen wir weiter.”

Gezielt verändern

Ein Ziel ist ja schon etwas konkreter als eine Absichtserklärung. Man sagt, es sollte SMART formuliert sein, wobei die Buchstaben bedeuten:

  • Sinnspezifisch – das heißt mit den fünf Sinnen wahrzunehmen
    Also z. B. „Ich spüre, wie meine Füße durch den Schnee joggen, während ich die Winterlandschaft an mir vorbeiziehen sehe und den Klang meiner Schritte im gleichmäßigen Rhythmus höre…“
  • Messbar
    „…und ich laufe die X Kilometer in Y Minuten….“
  • Attraktiv
    „…und dabei bin ich stolz darauf, wie gut mein Körper trainiert ist, und freue mich über die Bewegung an der frischen Luft…“
  • Realistisch, aus eigener Kraft erreichbar
    „…so dass die Joggingrunde ein Vergnügen für mich ist, das mich gerade im richtigen Ausmaß fordert…“
  • Terminiert
    „…und ich gehe regelmäßig jeden Dienstag, Donnerstag und Samstag nachmittags um 17 Uhr laufen.“

Ein so ausführlich ausformuliertes Ziel ist schon wesentlich weniger beliebig als ein Neujahrsvorsatz. Und für viele Leute geht davon eine gehörige Motivation aus, die fast automatisch dazu führt, dass sie die Schritte in Richtung des Zieles gehen. Sie haben richtig Lust darauf, das zu erreichen, was sie sich so ausführlich ausgemalt haben.

Ich gebe zu, dass auch mir solche ausführlich durchdachten Ziele einen Motivationsschub geben. Allerdings führt insbesondere der konkrete Termin und die Messbarkeit des Zieles bei mir auch ganz schnell zu einem (selbst verursachten) Leistungsdruck, der dann dazu führt, dass ich plötzlich „keine Lust mehr habe“.

In Wirklichkeit fühle ich mich überfordert, und der Spaß an der Sache ist dahin. Und schon fehlt es mir an der nötigen Motivation – jetzt müsste ich also wiederum mit Willensstärke und Disziplin dran bleiben.

Hörst du, wie mein innerer Schweinehund jault und grunzt vor Lachen? Er hat ja von Anfang an gewusst, dass ich weder Vorsätze noch Ziele einhalten kann…

Einfach abwarten

Wenn Vorsätze nichts ändern und auch Ziele trotz aller Formulierungskunst nicht motivieren, dann könnte ich ja gleich das Leben so vor sich hin plätschern lassen, wie es nun mal von selber läuft…?

Du ahnst es wahrscheinlich schon: Für mich ist das keine Lösung. Ich mag Herausforderungen, die gerade so groß sind, dass ich mich ein kleines bisschen über meine Komfortzone hinaus strecken muss. Und ich mag es, gefordert zu sein, ohne dass ich mich dabei überfordere.
Wenn ich immer nur täte, was ich immer getan habe, dann würde ich auch immer nur bekommen, was ich immer schon hatte. Und das ist mir dann doch zu wenig. Ich möchte schon mehr erreichen.

Und wie erreicht man dann etwas?

Die besten Erfolge hatte ich in letzter Zeit mit einer Kombination von mehreren Methoden:

  1. Ich überlege mir erst einmal ganz grob, was ich erreichen möchte. Also ungefähr so, wie bei einen Neujahrsvorsatz.
  2. Wenn ich merke, dass mir wirklich viel daran liegt, dann schreibe ich mir mein Ziel nach den SMART-Gesichtspunkten auf. (Wobei ich die Messbarkeit und den Termin eher vage lasse – schließlich weiß ich, dass mir zu viel Druck den Spaß an meinem Ziel nimmt.)
  3. Dann nehme ich mir ein bisschen Zeit und träume mir mein Ziel und vor allem meine Schritte bis zum Ziel zurecht. Ich nutze meine Phantasie, und gestalte den Weg zum gewünschten Ergebnis wie einen Film mit aufeinander folgenden Szenen. Es macht mir großen Spaß, mir das in möglichst vielen Details auszumalen.
  4. Wenn sich mein Ziel und der Weg dorthin so richtig gut anfühlt, dann überlege ich mir auch noch, was mich daran hindern könnte, die Schritte zu gehen.
    Und zu jedem Hindernis notiere ich mir einen Satz nach dem Schema:
    „Wenn [ich auf dieses Hindernis treffe], dann werde ich [das Problem mit jener Lösung umgehen oder aus der Welt schaffen].“
    Zum Beispiel „Wenn ich nicht joggen gehen kann, weil meine Strecke total vereist ist, dann werde ich stattdessen ins Schwimmbad fahren und 25 Bahnen schwimmen.“
  5. Und nachdem ich eine Liste von Lösungen für die möglichen Hindernisse habe, hänge ich mir ein selbstgemaltes Plakat auf, mit dem ich mein Ziel – und zwar nur dieses eine – immer wieder vor Augen habe.

Ganz schön aufwendig!

Du hast dir beim Lesen wahrscheinlich gedacht, dass das ganz schön viel Aufwand ist, um nur ein einziges Ziel zu erarbeiten.
Und du hast recht – um mir so ein Ziel wirklich auszumalen, muss ich schon einige Zeit damit verbringen.

Wenn ich das aber tue, dann wird es währenddessen zu MEINEM ZIEL. Und die Motivation wächst ganz von selbst.

Ich brauche nur wenig Willenskraft und noch weniger Disziplin, denn es zieht mich automatisch in die richtige Richtung. Das sieht dann vielleicht so aus, als würde ich mich gar nicht anstrengen – aber in Wirklichkeit sorgt die gute Vorbereitung dafür, dass ich jederzeit genau im richtigen Maß gefordert bin.

Wenn ich etwas wirklich, WIRKLICH erreichen will, dann am ehesten auf diese Weise.

Und du? Hast du eine Idee, was du heuer wirklich, WIRKLICH erreichen willst?
Dann konzentriere dich auf diese eine Sache. Mindestens einen Monat lang. Alles andere wäre eine Überforderung – und es wäre echt schade, wenn du dir dadurch dein Ziel unattraktiv machen würdest.

Sei du selbst, lass die anderen anders sein.
Deine

Christine