Bewusste Veränderung ist super …anstrengend

Christine Winter // Persönliche Entwicklung

10. März 2020  

Es gibt da was, das würdest du liebend gerne an dir ändern.

Oder genauer gesagt wäre es dir am liebsten, wenn es einfach anders wäre. Von jetzt auf gleich - oder, falls das nicht geht, zumindest über Nacht.

Beispielsweise hättest du überhaupt nichts dagegen, wenn du nicht mehr zu still wärst, sondern einfach ganz normal. So wie alle anderen eben.

Tja, ich erzähle dir vermutlich nichts Neues, wenn ich sage, dass du dich nicht über Nacht änderst. Wenn es so laufen würde, hättest du längst alle gewünschten Änderungen nachtschlafenderweise erledigt.


Weil es im Schlaf nicht klappt - jedenfalls nicht von einem Tag auf den anderen - gibt es ein paar (wenig hilfreiche) Überzeugungen über persönliche Veränderungen, die außerordentlich weit verbreitet sind.

 

Die üblichen Tipps für Verhaltensänderungen

  • Mach dir einen guten Vorsatz.
  • Setz dir einen Termin, ein Ultimatum.
  • Verhalte dich ab morgen völlig anders als bisher - nämlich so, dass du deinem Vorsatz gerecht wirst.
  • Wenn es dir schwer fällt, streng dich mehr an.
    Wenn es dir dadurch noch schwerer fällt, beklag dich still und heimlich über deine mangelnde Willensstärke und streng dich demonstrativ noch mehr an.
  • Wenn du nach kurzer Zeit nicht noch mehr Anstrengung aufbringen kannst, sag, dass der Vorsatz
    a) eh nicht so wichtig war oder
    b) der ganze Plan menschenunmöglich und daher unerreichbar war oder
    c) für einen so willensschwachen Menschen diese Veränderung einfach zu viel verlangt war.

Insgeheim denkst du dir dann natürlich: "Wenn es nicht klappt, obwohl ich es mir vorgenommen habe, dann habe ich mich zu wenig angestrengt."

 

Und das ist...
Quatsch mit Soße!

Willkommen bei den Psychischen Blockaden

Jemand (und gar nicht so selten bist dieser Jemand sogar ausschließlich du selbst) erwartet ein bestimmtes Verhalten oder Ergebnis von dir.

Eigentlich ist diese Erwartung für dich jetzt gerade viel zu groß und du fühlst dich von Anfang an davon überfordert.
Trotzdem strengst du dich an - je schwerer es dir fällt, desto mehr Druck baust du auf.

Dazu sagst du dir selbst immer wieder: "Nun stell dich doch nicht so an. Mach es einfach!"
Je mehr (und öfter) du dich anstrengst, desto weniger geht es.

Eine psychische Blockade ist eine Reaktion auf eine Ãœberforderung.

 

Und ich glaube, dass von den LeserInnen hier im Stille-Stärken-Blog fast alle damit immer wieder zu tun haben. Deswegen konzentrieren wir uns für diesen Blogartikel auf die Blockaden.

Nur der Vollständigkeit halber: Andere mögliche Reaktionen sind "Lass-mich-bloß-in-Ruh" (Aggression) oder "Mir-doch-völlig-egal" (Flucht) oder "Hat-ja-eh-keinen-Sinn" (Depression).


Wir Blockaden-SpezialistInnen reagieren auf Überforderung mit "Ich-will-ja-unbedingt-aber-es-geht-nicht". Das ist ein uraltes Muster, das wir schon als ganz kleine Kinder verinnerlicht haben. Und es ist die Art, mit Überforderung umzugehen, die wir in unserem Leben mit Abstand am Häufigsten geübt haben.

 

Warum "Streng-dich-mehr-an" Quatsch ist

1. Wenn du wüsstest, wie, hättest du dich längst verändert

Es ist ja nicht so, dass du es nicht versuchst. Ganz im Gegenteil.

Dass du dich nicht anstrengst, kann dir nun wirklich niemand vorwerfen.

Hey, du liest diesen Text - das würde jemand, der sich nicht verändern will, nie im Leben machen.

Du denkst viel darüber nach, was von dir erwartet wird und was du selbst von dir erwartest. Vermutlich denkst du außerdem viel darüber nach, was nicht so funktioniert, wie du dir das wünschen würdest...

Was fehlt, ist das Wissen, wie eine Veränderung für dich konkret funktioniert.

Kleiner Hinweis vorab: Noch mehr anstrengen ist es nicht. 🙂

2. Der Willenskraft-Irrtum

Du hast nicht weniger Willenskraft als andere.

Du brauchst auch nicht mehr Willenskraft.

Möglicherweise ist dein Wille sogar bereits überdurchschnittlich stark, weil du ihn sehr oft und sehr intensiv beanspruchst.

Die Sache mit der Kraft deines Willens ist ziemlich gut mit der Kraft deiner Muskeln vergleichbar.

Die Muskeln bringen dich prima durch den Alltag. Und wenn du gut für sie sorgst, dann sind sie auch zuverlässig da, wenn du mal mehr Körperkraft benötigst. Allerdings geht dir bei konstanter Muskelspannung doch relativ schnell die Kraft aus.

Glaubst du nicht? Dann nimm mal eine Wasserflasche und halte sie mit seitlich waagerecht ausgestrecktem Arm eine Weile fest.

Glaubst du nicht? Dann nimm mal eine Wasserflasche und halte sie mit seitlich waagerecht ausgestrecktem Arm eine Weile fest.

(Weil du einen ordentlich starken Willen hast, gibst du vermutlich erst auf, nachdem die Muskeln zittern und brennen - und wahrscheinlich bist du dennoch überrascht, wie schnell die Muskeln von dem kleinen Gewicht vollständig erschöpft waren.)

Muskelkraft ist nicht unendlich. Und wenn wir sie verbrauchen, braucht die Muskulatur Zeit zur Entspannung und Regeneration.

Willenskraft ist auch nicht unendlich. Und die beste Regeneration dafür ist eine tief verschlafene Nacht. Die meisten Menschen haben die größte Willenskraft-Reserve am Morgen beim Aufwachen.

Jetzt kommt der wichtige Punkt: Durch Studien wurde festgestellt, dass Menschen im Durchschnitt Willenskraft für etwa eine Viertelstunde zur Verfügung haben. Pro Tag!

Das zeigt: Unsere Willenskraft ist irgendwann im Laufe eines Tages erschöpft und aufgebraucht. Je mehr wir uns für alltägliche Vorhaben anstrengen und überwinden, desto eher ist der Zeitpunkt erreicht.

Und dann verfallen wir in die Verhaltens-Gewohnheiten, die wir schon lange und oft eingeübt haben - also genau in das Verhalten, das wir eigentlich ändern wollten. Der Autopilot übernimmt, weil die absichtliche bewusste Willensentscheidung bereits erschöpft ist.

Man kann die Willenskraft genau wie die Muskelkraft in einem gewissen Umfang stärken - aber nicht, wenn sie bereits komplett erschöpft ist. Für das Kraft-Training braucht man Kraft-Reserven. Und daher dürfen deine Willenskraft-Anstrengungen nur winzigklein sein, damit du sie über den Tag verteilt immer mal wieder einüben kannst.

Kleine Schritte, immer mal wieder - so klein, dass sie dir lächerlich winzig vorkommen...

Dann reicht deine Willenskraft deutlich länger (aber wahrscheinlich dennoch nicht bis zum späten Abend)...

3. Eine Veränderung braucht viele (erfolgreiche!) Wiederholungen

Wie viele Wiederholungen du genau brauchst, bis du nicht mehr merkst, dass etwas in deinem Verhalten neu und ungewohnt ist?

Darauf gibt es unterschiedliche Antworten. Sie reichen von "21 Tage hintereinander ohne Unterbrechung" über "66 Tage mit einem gelegentlichen freien Tag dazwischen" bis zu "90 Tage - dann wirst du es garantiert dein Leben lang beibehalten".

Die ehrliche Antwort ist: Wie lange eine Veränderung geübt werden muss, hängt davon ab, auf welche Weise du dir das neue Verhalten vorgenommen hast und wie schwer es dir fällt, es zu wiederholen.

Kleine Schritte, bei denen die Wiederholung gar keine Mühe macht, werden schnell zur Gewohnheit - überwältigend große Vorhaben eher nicht.

Ein wesentlicher Punkt, wenn nicht sogar der entscheidende Punkt ist, dass du mit jeder Wiederholung ein persönliches (kleines) Erfolgserlebnis hast.

Durch die Erfahrung, dass dein Vorhaben klappt, wirst du unbewusst immer veränderungs-kompetenter und zugleich bewusst immer selbst-bewusster.

4. Das Unbewusste lässt sich nicht belügen

So eine Veränderung muss auf zwei Ebenen funktionieren: Als bewusste Entscheidung, für die du bewusst die Fortschritte beobachten kannst. Und als unbewusste Anpassung deiner Überzeugungen, Denkmuster und Gewohnheiten.

Was dir bewusst ist, ist dir bewusst. Du kannst Notiz davon nehmen (und diese Notiz sogar aufschreiben) und hinter deine Erfolge einen dicken Haken setzen.

Was unterdessen im Unbewussten passiert, ist dir - tja, unbewusst eben. Davon kriegst du nichts mit. Aber glaub mir: Während du dich änderst, ändert sich eine ganze Menge in dir drin und stellt sich auf die Neuerungen ein.

Dir selbst einzureden, dass du von jetzt an erfolgreich bist und mühelos deine Ziele erreichst und nie wieder überfordert sein wirst... Kannst du probieren.

Bringt aber nicht viel, wenn du nicht gleichzeitig Erlebnisse hast, die das beweisen.

Unbewusst weißt du genau, was möglich ist und wo du dir selbst etwas vormachst. Um das Unbewusste zu einer Veränderung zu bewegen, brauchst du mehr als einen Motivationsspruch.

Du brauchst Fortschritte. Einen nach dem anderen. So winzig wie möglich, aber dafür sehr regelmäßig.

Das Unbewusste ist voll auf deiner Seite, wenn du es ihm (und dir) leicht machst.

Das geht so mühelos... Es wird dir gar nicht bewusst!

Wie geht die Veränderung leicht?

  • Vergiss die Willenskraft. Wenn sie verbraucht ist, bist du eine leichte Beute für deine alten ungeliebten Gewohnheiten.
  • Stell dir eine Sammlung von konkreten Wenn-Dann-Ideen zusammen. Und zwar bevor du das nächste mal in die Situation kommst, die du auf neue Weise meistern möchtest.
    "Wenn ich wieder mal an der Supermarktkasse stehe und die Kassiererin zu mir herschaut, nicke ich ihr freundlich zu."
    Ganz einfach. Und wenn nicht, dann eben nicht. 🙂
  • Mach die Pläne klein. Und mit "klein" meine ich: WINZIGKLEIN!
    Ein Nicken an der Supermarktkasse ist super.
    Haken dahinter.
    Nächste Winzigkeit ausprobieren.
    Spar dir deine Kraft, wo du kannst.
  • Mach jeden Tag eine Winzigkeit.
    Eine.
    Jeden Tag.
    Wenn du dich überhaupt nicht zurückhalten kannst vor lauter unbezähmbarer Willenskraft, dann darfst du auch noch eine zweite... Mehr aber nicht!
  • Lass dir von deinem Unbewussten helfen.
    Während die bewussten Entscheidungen in kurzer Zeit dein Kraftkonto leerräumen, ist das Unbewusste (man kann auch Unterbewusstsein dazu sagen) extrem energieeffizient unterwegs. Denn Veränderungen aus dem Unbewussten heraus passieren (zumeist ganz und gar unbewusst) in Schrittchen, die genau die richtige Größe haben, um nicht zu überfordern.

 

Unbewusst statt Willensstark

Das Unbewusste funktioniert absolut zuverlässig.

Es kümmert sich um all die Routinen, Gewohnheiten, Körperfunktionen, Überzeugungen, Lebensregeln... - kurz gesagt um alles, was in deinem Alltag funktioniert und dir gar nicht bewusst ist.

Es ist aber ausgesprochen zurückhaltend, was plötzliche "kopfgesteuerte" Veränderungen angeht - und nicht selten fühlt es sich durch plötzliche Vorsätze sogar provoziert, zu zeigen, wer den längeren Atem hat.

Das Bewusstsein mit dem überschaubaren Willenskraftkonto ist es nicht...

Um Veränderungen im Unbewussten zu verankern, braucht es keine Kraft, sondern Leichtigkeit, Neugier, Beobachtungsfreude - und Vertrauen, dass in kleinen Schrittchen, die genau die richtige Größe haben, um nicht zu überfordern, eine Veränderung "wie von ganz allein" entstehen kann.

 Das eigene Unbewusste selbst gezielt zu beeinflussen ist ziemlich schwierig. Du müsstest dazu erst mal genau wissen, was dir nicht bewusst ist...

Wenn du eine konkrete und zielgerichtete Veränderung machen möchtest, dann ist es sinnvoll, dich dabei von einem Hypnosetherapeuten - also dem Fachmann für Veränderungen mit Hilfe des Unbewussten - unterstützen zu lassen.

Hör auf, dich immer wieder selbst zu hauen

Hör auf, dich selbst innerlich zu ohrfeigen, weil du an deine Blockaden stößt.

Sie sind dafür da, dich vor Überforderung zu schützen.

Und hör auf, dich selbst zu bestrafen, weil deine Willensanstrengungen scheitern.

Kraft ist nun mal begrenzt und du musst damit sparsam umgehen, damit sie über den ganzen Tag zur Verfügung steht.

Fang lieber an, deinem Unbewussten zu vertrauen. Denn in dir drin gibt es diese extrem energieeffiziente Steuerung, die deinen Alltag regelt, während der Wille samt allen bewussten Entscheidungen Pause macht.

Sei neugierig, was passiert, wenn mal nicht das passiert, was bisher immer passiert ist. Das ist eine Veränderung!

Sei du selbst, lass die anderen anders sein.
Deine

Christine