Ist Selektiver Mutismus eine Kinderkrankheit?

Für selektiven Mutismus ist charakteristisch, dass er immer in der (frühen) Kindheit auftritt – und nur dann bis ins Erwachsenenalter bleibt, wenn er nicht zeitig erkannt und erfolgreich behandelt wird. Daher wird der Selektive Mutismus von vielen Therapeuten als psychische „Kinder-Krankheit“ betrachtet.

Im für Deutschland gültigen „Diagnosekatalog“, dem ICD-10, steht Selektiver Mutismus demnach auch folgerichtig im Kapitel „Störungen sozialer Funktionen mit Beginn in der Kindheit und Jugend“.

Weil das ein wenig missverständlich ist, kann es passieren, dass Therapeuten, die das Störungsbild nicht genauer kennen, wegen der Zuordnung zum Kinder-und-Jugend-Kapitel des ICD-10 denken, dass sich die Störung „verwachsen“ würde, wenn man erwachsen wird.

Das ist allerdings ein Trugschluss, denn es ist zwar möglich, dass man das Problem im Laufe der Zeit selbst in den Griff bekommt – die Regel ist das allerdings nicht.

Und es wird mit den Jahren tendenziell immer schwerer, den Mutismus hinter sich zu lassen, weil das Leben immer höhere Anforderungen stellt, die zu zusätzlichem Stress und hilflosen Momenten führen, die wiederum zusätzlich die Blockade verstärken…

Mehr Fragen & Antworten zum Selektiven Mutismus

Weil solche Fragen oft sehr individuelle Antworten erfordern, führe ich in regelmäßigen Abständen kostenlose Webinare - also Live-Veranstaltungen im Internet - durch, bei denen ich Antworten gebe und Themen rund um Selektiven Mutismus vertiefe.

Manchmal ziehen Therapeuten bei Erwachsenen den Selektiven Mutismus als Ursache der aktuellen Probleme überhaupt nicht in Betracht und ziehen stattdessen andere Diagnosen heran, die für Erwachsene typischer sind. Dadurch wird oft übersehen, dass diese spezielle Sprechblockade anders „funktioniert“ als andere Störungen, die sich ähnlich zeigen - und dass Selektiver Mutismus daher auch einer anderen Behandlung bedarf als eine gängige Angststörung.

Allerdings kommen bei Erwachsenen über die Jahre tatsächlich fast immer soziale oder generalisierte Ängste und andere psychische Probleme zur ursprünglichen Sprechblockade hinzu. Dann sollte der Therapeut bei den ersten Terminen abklären, was jetzt gerade für’s erste für die Therapie im Vordergrund steht. Und danach wird er die Therapie entsprechend gestalten.

Es kann also durchaus sein (und in dem Moment auch vollkommen richtig sein), dass der Therapeut bei Erwachsenen und bei älteren Jugendlichen erst mal die Depression, die Sozialphobie oder die Panikstörung behandelt. Denn wenn das Leben gerade allgemein schwierig ist, dann muss man an irgendeiner Ecke anfangen – und die Sprechblockaden sind dann nicht unbedingt das vordringlichste Problem.

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