Bloß keinen Fehler machen!?

Christine Winter // Sonst so...

5. März 2015  

Letzte Woche hatte ich dir angeboten, deinen Perfektionismus in einer perfekt unperfekten Stunde auf die Probe zu stellen, oder sogar mit einen ganzen Tag bewusst ohne perfekte Resultate zu verbringen. Schwierig, sich dazu zu überwinden, oder?

„Fertig“ reicht völlig

Wieso nur ist es sooo schwer, auch nur für kurze Zeit zuzulassen, dass ein Resultat einfach nur seinen Zweck erfüllt? Sehr viele Menschen – wie ich, und du vielleicht auch – fühlen sich schlecht, wenn sie etwas abliefern, obwohl sie es noch besser hätten machen können.

Nun ist es leider so, dass ich mit unendlich viel Zeit und Einsatz jedes meiner Ergebnisse immer noch besser machen könnte. Und darum ist mein Perfektionismus so anstrengend. Meine Wahl ist letztlich: Ich höre bewusst auf, ohne das perfekte Ergebnis erreicht zu haben, und fühle mich deswegen schlecht. Oder: Ich stecke noch viel mehr Energie in die Aufgabe, bin irgendwann völlig erschöpft, und fühle mich schlecht, weil das Ergebnis dennoch nicht perfekt ist.

Genau genommen läuft es darauf hinaus, dass ich nichts guten Gewissens beenden kann. Denn es ist nie perfekt genug. Und wenn es nicht perfekt ist, fühlt es sich auch nicht „fertig“ an.

Dabei reicht es für (beinahe) alles im Leben, wenn es einfach nur â€žfertig“ ist. Es gibt – glaube ich – nichts in meinem Alltag, was mit mehr Unperfektion nicht immer noch gut genug wäre…

Die unstillbare Hoffnung auf Anerkennung

Bei mir steckt hinter dem Perfektionismus der Wunsch, anerkannt zu werden. Ein Stück weit gelingt es mir ja tatsächlich, Aufmerksamkeit zu bekommen, indem ich die Beste in irgendetwas bin oder für meine generell guten Leistungen bekannt bin. Oder auch, indem ich mich zu etwas überwinde, das ich eigentlich nicht kann, und es dann dennoch hinbekomme.

Aber irgendwie ist die Anerkennung immer zu wenig. Und fast immer auch noch die falsche…

Denn ich möchte als die Person anerkannt werden, die ich bin. Nicht als eine, die besonders gute Arbeit leistet oder die besonders viel weiß oder die besonders viel schafft.

Ich möchte geschätzt werden als die, die ich bin, ohne dass ich etwas besonderes leiste. Ich möchte – seien wir ehrlich – bedingungslos geliebt werden.

Perfekt sein ist nicht die Lösung…

…wenn die kleinen alltäglichen Schwächen und Fehler nicht das Problem sind.

Mein Wunsch hinter dem Perfektionismus ist, dass ich sein kann, wie ich bin – ohne mehr leisten zu müssen, als ich im Moment möchte oder kann. Und deswegen höre ich an dieser Stelle mit diesem kleinen Blogeintrag auf, obwohl ich das Gefühl habe, dass er längst noch nicht gut genug ist.

Vielleicht findest du in meinen Gedanken etwas, das für dich Sinn ergibt.
Und wenn nicht, dann ist es auch okay, denn keiner von uns zweien braucht sich hier und jetzt zu verbiegen.

Sei du selbst. Denn du bist genau richtig, so wie du bist.

Deine

Christine

PS: Es würde das schlechte Gewissen, das ich wegen dieses schnell hingeschriebenen Blogeintrages habe, vielleicht beruhigen, wenn du mir einen kleinen Kommentar hinterlässt. Also: Sag mal ehrlich, was hältst du davon, dich der Perfektion zu widersetzen?